Zentrum Paul Klee Bern Gegründet von Maurice E. und Martha Müller sowie den Erben Paul Klee

Interview mit Catherine Gfeller zur künstlerischen Zusammenarbeit

Im Rahmen einer neu entwickelten Form der «Partnerschaft» zwischen Kulturinstitution und Kunstschaffenden lädt das ZPK die in Neuchâtel geborene Multimediakünstlerin Catherine Gfeller ein, die ZPK-Programme und Aktivitäten während eines Jahres zu begleiten. Im Interview spricht sie über ihren eigenen Bezug zu Klee und ihre künstlerische Arbeit im ZPK.

Welche Bedeutung hat Paul Klee in Bezug auf dein Werk?

Er ist eine der Wurzeln meines Schaffens. Ich war immer sehr inspiriert von Paul Klee, schon während meines Studiums der Kunstgeschichte an der Universität haben mich seine Werke und seine Schriften zutiefst beeindruckt. Sein Text Schöpferische Konfession ist grundlegend, und seine Überlegungen zum künstlerischen Schaffen sind Fragestellungen, die mich immer begleiten werden. Auch seine Interdisziplinarität ist faszinierend und so modern! Malerei, Zeichnung, Musik, Schreiben: alles wirkt aufeinander und beeinflusst sich gegenseitig. Seine Intelligenz, sein Geist, seine Vision im tieferen Sinne machen Klee zu einem zeitlosen Künstler und in fröhlicher Art und Weise ausserhalb vergänglicher Moden und neuer pompöser Akademismen.

Die Interdisziplinarität ist ein Aspekt, der sich auch auf dein künstlerisches Schaffen anwenden lässt - Fotografie, Video, Ton, Text, Performance, Installation … welche Bedeutung hat sie für dein Projekt im ZPK?

Die Einladung, dieses Projekt zu verwirklichen, ist ein wunderbares Geschenk! Es erlaubt mir, zwischen den verschiedenen Disziplinen und Registern zu navigieren. Ich lasse mich von der Welt Klees, seinen Werken, seinen Schriften, seinen Gedanken, seinen Lehren durchdringen, indem ich versuche, mir vorzustellen, wie er sein Werk mit den neuen Technologien fortgesetzt hätte, die gleichzeitig entfremdend und befreiend für die Vorstellungskraft sein können. Ich würde gerne zur «Schmugglerin» werden, die Klee  an die Ufer unserer Zeit einlädt. 

Kann man bei deinen Interventionen im ZPK von einem Kreieren in situ sprechen, von Werken, die spezifisch mit Klee und dem Ort deines Eingriffs verbunden sind?

Ja, es sind neue Werke und sicher ein Schaffen in situ, das nur hier möglich ist. Alles nährt mich. Ich lasse mich vom Ort, von Klee, vom Alltag des ZPK und seinen Mitarbeitern, von der Landschaft und auch von der Stadt Bern durchdringen … Jedes Detail zählt, vor allem diejenigen, die niemand beachtet. Die grossen Fotokompositionen, das Video-Diptychon, der klangliche Parcours, die post-it, die Performances sind wie die Wellen ein und desselben Werkes, das sich in mehreren Medien und verschiedenen Klängen abwandelt.

Lass uns von der Stadt reden … einem zentralen Thema in deinem Werk. Auf welche Art ist sie in deinen Werken im ZPK präsent?

In Ville de rêves werden meine Fotografien von Bern in Klees Werke integriert sein. Sie vermischen sich mit den abstrakten Kompositionen wie ein Erinnerungsteppich. Die Anordnung erinnert an die Gitterkompositionen, die Klee so gerne mochte, wo der Betrachter wie bei einem Puzzle den Sinn wiederherstellen muss. Wir erleben die heutige Stadt durch seine Werke. Im Video Villes en fugues wird Bern durch einen dynamischen Rhythmus wahrgenommen, welcher die Stadt in Bewegung versetzt. Passanten, Verkehr, Bus, Auto, Velo, Architektur: alle haben eine Stimme. Die Gegenüberstellung von Bildern gleicht Gedanken, die in der Gegenwart, in der Vergangenheit, in der Zukunft sind – in übereinander gelagerten Schichten. Die Künstlerin und ihre Kamera: ein Spinnennetz, in dem die Passanten und die Stadt sich verfangen. 
Normalerweise sind die Städte, die ich mit meiner Kamera durchschreite, Millionenstädte wie New York, Los Angeles, Paris, Beirut, Berlin, Rom, Johannesburg … Bern ist natürlich etwas ganz anderes, aber ich habe trotzdem mir selbst treu bleiben wollen und der Rahmen der Ausstellung «Klee in Bern» hat mich dazu angeregt, diese Beziehung zu schaffen. Es ist kein «realistisches»Bild von Bern … ich habe es geschäftiger wiedergegeben, ich habe Sommerbilder bevorzugt, mit der Sonne, die die Formen und die Energie der Farben hervorhebt. Das Rot der Busse symbolisiert den ununterbrochenen Kreislauf, wie das Blut, das in den Venen von Bern zirkulieren würde … Es ist für mich eine Art Besessenheit, ich liebe es, die Städte mediterran, heiss, festlich, belebt wiederzugeben … Ich habe die gleiche Geste gehabt, als ich 1995 in New York angekommen bin … .

Interview: Simone Küng