Zentrum Paul Klee Bern Gegründet von Maurice E. und Martha Müller sowie den Erben Paul Klee
Ausstellungen 05.09.2014 – 11.01.2015

ANTONY GORMLEY. EXPANSION FIELD

Antony Gormleys EXPANSION FIELD wird zum ersten Mal in der grossen Ausstellungshalle des Zentrum Paul Klee gezeigt. Diese neue Arbeit besteht aus 60 aus Corten-Stahl gefertigten Skulpturen, deren Formen direkt vom menschlichen Körper und seinen Haltungen abgeleitet sind. Die streng konzipierte Rauminstallation eröffnet kultur- und kunstgeschichtliche Referenzen von der Frühgeschichte bis zu Minimal Art und Body Art. Das orthogonale Feld setzt der organischen Formensprache der Architektur des ZPK von Renzo Piano einen Kontrapunkt entgegen.

Das Zentrum Paul Klee präsentiert die erste Einzelausstellung von Antony Gormley in einem Schweizer Museum.

EXPANSION FIELD schliesst an die verschiedenen «Field»-Arbeiten, die Gormleys Œuvre immer wieder geprägt haben, an, seien es EUROPEAN FIELD oder ASIAN FIELD, wo zigtausende kleiner Tonfiguren Räume einnehmen, seien es die sich nicht auf einen Blick erschliessenden Felder wie HORIZON FIELD im Bregenzer Wald, wo eine Anzahl auf derselben Höhe übers Meer platzierter lebensgrosser Figuren eine Fläche von mehr als 150 Quadratkilometern besetzen.

Diese Werke leiten sich einerseits von festgehaltenen Augenblicken gelebter Zeit ab und können mit Körper- und Performance-Kunst assoziiert werden. EXPANSION FIELD kann andererseits aber auch in Verbindung mit frühgeschichtlichen Monumenten wie den megalithischen Steinreihen in Carnac in der Bretagne oder als Kommentar des Strassenrasters von Manhattan gebracht werden. EXPANSION FIELD besitzt eine starke Affinität zu den seriellen Werken von Donald Judd wie seine monumentale Installation in Marfa, Texas oder zu Walter de Marias The Lightening Field in New Mexico. Sie unterzieht die Sprache des Kubismus einer Neubewertung, während es den Anspruch der Minimal Art nach Verbindlichkeit weiterführt.

EXPANSION FIELD erweist sich geradezu als prädestiniert für eine Installation im Zentrum Paul Klee, kontrastiert das Werk doch auf spannungsvolle Weise die organische Formensprache der Architektur von Renzo Piano und weist zugleich Berührungspunkte zum Universum Paul Klee auf, etwa aufgrund des Interesses beider Künstler an Zusammenhängen und dem Wechselspiel zwischen natürlicher Entwicklung und konstruierten Realitäten.

Drei frühere Plastiken des Künstlers, die die Thematik der Expansion behandeln und einen Dialog zwischen Wachstum, Raum und Serialität kreieren, werden in einem Kabinett neben der Rauminstallation EXPANSION FIELD ausgestellt.

Kuratiert von Peter Fischer, kuratorische Assistenz Simone Küng. Ein Katalog zur Ausstellung erscheint im November 2014.

Unterstützt von Die Mobiliar, JTI, Stanley Thomas Johnson Stiftung.

Statement von Antony Gormley
EXPANSION FIELD: Körper und Raum, vermittelt durch Architektur.

Die Obsession, die mich seit Jahren umtreibt, dreht sich darum, den Körper viel mehr als einen Ort, denn einfach als ein Objekt zu erforschen, und seinen Raum wieder mit dem Raum im Grossen und Ganzen zusammenzuführen. Ich möchte bestätigen, dass, während wir in einer gebauten Umgebung leben und wir das einzige Lebewesen sind, das seinen Lebensraum nach Euklidischen Prinzipien konstruiert, im Moment wo wir die Augen schliessen und uns der Dunkelheit des Körpers bewusst werden, uns in einem grenzenlosen, sich stetig ausdehnenden Raum ohne Dimensionen befinden. Dieser intime Erfahrungsbereich besitzt die­selben unendlichen Eigenheiten wie der Nachthimmel.

In EXPANSION FIELD findet die kosmologische Konstante eines sich ausdehnenden Universums ihre Anwendung auf den subjektiven Raum des Körpers. Das Werk besteht aus 60 Behältern, die den unstabilen Ort des Körpers als architektonisches Feld evozieren: 60 Gehäuse der Finsternis oder der Nacht, jedes vom Volumen meines Körpers abgeleitet, aber dann in eine architektonische Geometrie überführt.

Verfertigt aus Corten-Stahl und hermetisch verschweisst, sind dies absolute Raumverschiebungen; Volumina von Nacht ins Licht gestellt. Sie leiten sich von bis zu dreissig unterschiedlichen Körperhaltungen ab, die jeweils bis zu sechs Mal ausgedehnt worden sind, wobei sich die Ausdehnung in alle Richtungen erstreckt. Die stufenweise Ausdehnung dieser Körperzonen erfolgt zufällig, die Körper selbst sind aber in einer klaren Rasterstruktur angeordnet, die zu durchlaufen der Körper der Betrachterin, resp. des Betrachters eingeladen ist.

Dies ist ein reflektiver Feld, worin die subjektive Erfahrung durch entleerte Objekte in Gang gebracht wird. Es regt im selben Ausmass zu Projektionen an, wie es die Selbstwahrnehmung befördert.

Antony Gormley
Antony Gormley (geb. 1950)  ist weltweit bekannt für seine Skulpturen, Installationen und Arbeiten im öffent­lichen Raum. Sie alle thematisieren die Beziehung des menschlichen Körpers zum Raum. Gormley widmet sein Werk der Weiterentwicklung des Potenzials der Skulptur, wie es sich seit den 1970er Jahren manifestiert, und arbeitet mittels des Einbezugs seines eigenen Körpers und von Körpern anderer. So erhebt er grund­sätzliche Fragen des Verhältnisses zwischen Mensch, Natur und Kosmos. Immer wieder versucht Gormley den Kunst­raum als einen Ort zu verstehen, an dem neue Haltungen, Gedanken und Gefühle entstehen können.

Auswahl von Einzelausstellungen:
Centro Cultural Banco do Brasil, São Paulo, Rio di Janeiro and Brasilia (2012); Deichtorhallen, Hamburg (2012); The State Hermitage Museum, St Petersburg (2011); Kunsthaus Bregenz (2010); Hayward Gallery, London (2007); Malmö Konsthall (1993); Louisiana Museum of Modern Art, Humlebæk (1989). 
Auswahl von Gruppenausstellungen: 
Biennale Venedig (1982 und 1986); Documenta 8, Kassel (1987). 
Auswahl von Werken im öffentlichen Raum: 
Angel of the North (Gateshead, England), Another Place (Crosby Beach, England), Inside Australia (Lake Ballard, Western Australia); Exposure (Lelystad, Niederlande). 
Auswahl von Preisen: 
Turner Prize (1994); South Bank Prize for Visual Art (1999); the Bernhard Heiliger Award for Sculpture (2007); Obayashi Prize (2012); Praemium Imperiale (2013)